Am 11. Dezember 2024 diskutierten die beiden ordentlichen Mitglieder im Innenausschuss des Deutschen Bundestages, Sebastian Fiedler und Ingo Schäfer über die innere Sicherheit in Deutschland. Der Solinger Polizist Maik Brückmann schilderte die Sichtweise der Stadt.
Fiedler und Schäfer verdeutlichten die Gefahrenlage: Neben Angriffen islamistischer Einzeltäter gebe es die Organisierte Kriminalität, den Rechts- und Linksterrorismus, die Reichsbürger-Szene und die allgemeine Kriminalität. Die Polizeibehörden seien voll ausgelastet, zumal auch der Bereich der Kriminalität im Internet immer größer werde. Schließlich habe die Bedrohung durch Sabotage und Desinformation infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine deutlich zugenommen.
„Wir haben in den vergangenen drei Jahren viele Sachen beschlossen, um die innere Sicherheit zu verbessern. Trotz der schwierigen Haushaltslage konnten wir die Sicherheitsbehörden stärken“, sagte Sebastian Fiedler.
Reform Recht der Nachrichtendienste
Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat es erfordert, dass die Vorschriften für die Übermittlung nachrichtendienstlich gewonnener Informationen neu gefasst werden mussten. Betroffen waren die Vorschriften, die verpflichten, personenbezogene Daten zu übermitteln, wenn sie mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben wurden. Aus diesem Grund wurden die Regelungen im Bundesverfassungsschutzgesetz sowie dem Gesetz über den Bundesnachrichtendienst neu gefasst. Weitere Änderungen zielten darauf ab, die Arbeit der Nachrichtendienste auch vor Verrat aus dem Inneren zu schützen. Ein mutmaßlicher Verratsfall hat gezeigt, dass die Eigensicherung der Dienste dringend gestärkt werden musste. Mögliche Spionagetätigkeiten anderer Nachrichtendienste sollen durch Kontrollen frühzeitig erkannt werden. Hierbei geht es insbesondere um die Sicherung von sogenannten Verschlusssachen, also geheimhaltungsbedürftigen Dokumenten. Dazu wurden zum Beispiel die Befugnisse zur Durchführung von Personen-, Taschen-, Fahrzeug- und Raumkontrollen
gesetzlich verankert.
Umsetzung Sicherheitspaket
Nach dem schrecklichen Messerangriff von Solingen am 23. August 2023 hat die SPD mit dem Gesetz zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems dafür gesorgt, dass Extremist:innen und Terrorist:innen nicht in den Besitz von Waffen kommen und leichter entwaffnet werden können. Künftig werden weitere Behörden – wie Bundespolizei (BPOL), Bundeskriminalamt (BKA) und das Zollkriminalamt – abgefragt, wenn es um Erteilung oder Entzug einer waffenrechtlichen Erlaubnis geht. Der Umgang mit Messern bei Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten und anderen öffentlichen Veranstaltungen und auch in Bussen und Bahnen untersagt oder untersagbar. „Das ist eine auch für die Klingenstadt Solingen vertretbare Lösung“, sagte Schäfer.
Im Bundesverfassungsschutzgesetz werden die Finanzermittlungsbefugnisse verbessert. Die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser eingerichtete Task-Force Islamismusprävention hat die SPD auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.
Die SPD hat im Bundestag darüber hinaus einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung beschlossen, den der Bundesrat dann leider abgelehnt hat. Die Sicherheitsbehörden brauchen in Zukunft polizeiliche Befugnisse, die modern und sachgerecht sind, in die digitale Welt passen und rechtssicher sind. Deshalb sollte das BKA bei der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus und beim Schutz von Verfassungsorganen mit zeitgemäßen Befugnissen ausgestattet werden, ebenso die Bundespolizei u.a. beim Grenzschutz. Dazu gehörte etwa die Befugnis, einen nachträglichen biometrischen Abgleich mit öffentlich zugänglichen Internetdaten (zum Beispiel soziale Medien) mittels automatisierter Verfahren vorzunehmen. So sollten mutmaßliche Terrorist:innen und Tatverdächtige identifiziert und lokalisiert werden. Auch sollte die automatisierte Datenanalyse für BKA und Bundespolizei eingerichtet werden. Damit hätten die Behörden dann bereits im polizeilichen Informationssystem oder Informationsverbund vorhandene Informationen besser, schneller und effizienter auswerten können. In Zeiten von Digitalisierung und wachsender Datenmenge
ist dies dringend erforderlich. Wir werden diese Ansätze auch in der neuen Legislaturperiode weiterverfolgen.
„Die CDU-geführten Landesregierungen haben das aus reiner Parteipolitik abgelehnt. Inhaltlich haben sie bei der Innenministerkonferenz Anfang Dezember 2024 ähnliche Dinge gefordert. Es ist ärgerlich, dass der CDU die Parteipolitik wichtiger ist als die Sicherheit der Menschen“, sagte Ingo Schäfer.
Bekämpfung der Verbreitung von terroristischen Online-Inhalten
Die SPD hat im Bundestag ein Gesetz beschlossen, das die notwendigen nationalen Umsetzungsmaßnahmen zur Durchführung der EU-Verordnung zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte vorsieht. Die zugrundeliegende Verordnung enthält einheitliche Vorschriften, um den Missbrauch von Hostingdiensten zur öffentlichen Verbreitung sogenannter terroristischer Online-Inhalte zu bekämpfen. Insbesondere werden die Hostingdiensteanbieter verpflichtet, entsprechende Inhalte innerhalb einer Stunde nach Erhalt einer behördlichen Entfernungsanordnung zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren. Das Gesetz bestimmt das Bundeskriminalamt (BKA) als für den Erlass dieser Entfernungsanordnungen zuständige Behörde. Hierbei muss das BKA mit den Landesmedienanstalten zusammenarbeiten. Die Hostingdiensteanbieter werden durch die Verordnung außerdem verpflichtet, in bestimmten Fällen Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass über ihre Dienste terroristische Inhalte öffentlich verbreitet werden. Dies wird in Deutschland künftig durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) überwacht. Die BNetzA ist außerdem zuständige Behörde für die Verhängung von Sanktionen bei Verstößen der Hostingdiensteanbieter gegen die sich aus der Verordnung ergebenden Pflichten.
Zudem: Beschluss eines Gesetzes zum Übergang des Bewacherregisters vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle auf das Statistische Bundesamt; Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnungen (EU) 2018/1860, 2018/1861 und 2018/1862 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der dritten Generation (SIS-III-Gesetz); Entwurf eines Gesetzes zu dem Beitritt Deutschlands zu dem Übereinkommen vom 30. September 2007 zur Gründung eines Maritimen Analyse- und Einsatzzentrums – Suchtstoffe (MAOC (N)-Übereinkommen); Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 5. April 2022 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die grenzüberschreitende polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit (Deutsch-Schweizerische Polizeivertrag); Umsetzung 2. IT-Änderungsstaatsvertrag.
Geplant war:
Ein neues Bundespolizeigesetz: Die Rechtsgrundlagen der Bundespolizei (BPol) sollten seit 1994 erstmals reformiert werden. Die Fähigkeiten und die Stellung der BPol sollten gezielt gestärkt und an die technische Entwicklung und die aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen und Gefahrenlagen angepasst werden. Sie sollte neue Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung, für den Einsatz eigener Drohnen sowie zur Detektion und Abwehr von Drohnen, zur Speicherung von DNA-Identifizierungsmustern sowie zum Erlass von Meldeauflagen und Aufenthaltsverboten erhalten. Die Bundespolizei sollte durch schärfere Sicherheitsüberprüfungen auch besser vor Verfassungsfeinden geschützt werden. Durch die Reform sollten auch EU-Vorgaben im Bereich des Datenschutzes umgesetzt werden.
Mit dem Entwurf eines 2. Europol-Änderungsgesetzes sollten die bisherigen Möglichkeiten der deutschen Behörden zur Informationsübermittlung an Europol und zum Zugang zu Informationen von Europol über das Bundeskriminalamt verstärkt werden. So war geplant, beispielsweise der Kreis der berechtigten Behörden für einen Zugriff auf Daten bei Europol zu erweitert: Neben dem Zollfahndungsdienst sollte dies zum Beispiel künftig auch weiteren Ermittlungsbehörden des Zolls und der Bundesfinanzverwaltung möglich sein.
Der Bundestag hatte beide Entwürfe bereits beraten und der Innenausschuss hatte auch eine öffentliche Anhörung zum Bundespolizeigesetz durchgeführt. Letztes wurde seit April 2024 durch die FDP blockiert, ein Abschluss war nicht mehr möglich. Unsere Wirtschaft braucht eine funktionierende und resiliente Infrastruktur, sowohl physisch als auch digital. Die IT-Sicherheitslage in Deutschland hat sich nach Einschätzung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in den letzten Jahren deutlich zugespitzt.
Zu den größten Bedrohungen zählen im Bereich der Wirtschaft Ransomware-Angriffe, Ausnutzung von Schwachstellen, offene oder falsch konfigurierte Online-Server sowie Abhängigkeiten von der IT-Lieferkette und auch Cyberangriffe über die Lieferkette (sogenannte Supply-Chain-Angriffe). Durch die NIS-2-Richtlinie der EU (Richtlinie zur Netzwerk- und Informationssicherheit) werden die gestiegenen Cybersicherheitsanforderungen weiter angeglichen und Vorgaben für öffentliche Verwaltungen der Mitgliedstaaten formuliert. Mit dem NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz wollten wir diese Richtlinie umsetzen und die IT-Sicherheitsvorgaben und Meldepflichten für IT-Sicherheitsvorfälle erweitert, indem sie auf mehr Unternehmen in mehr Sektoren ausgeweitet werden. Insgesamt 29.500 Unternehmen sollten künftig darunter fallen. Auch die IT-Sicherheit der Bundesverwaltung sollte gestärkt werden. Des Weiteren sollte ein Chief Information Security Officer für den Bund (CISO Bund) als zentraler Koordinator für Maßnahmen zur Informationssicherheit in Einrichtungen der Bundesverwaltung und zur Unterstützung der Ressorts bei der Umsetzung der Vorgaben für das Informationssicherheitsmanagement etabliert und die Rolle des BSI gestärkt werden. Auch dieser Gesetzentwurf konnte nach einer durchgeführten Sachverständigenanhörung nicht mehr durch den Bundestag beschlossen werden.
Nicht mehr zur 1. Lesung und zum Abschuss kann ein Gesetzentwurf zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes. Wir haben geplant, dass sich künftig auch strafbar machen sollte, wer
sich ohne Berechtigung Zugang zur Luftseite eines Flughafens verschafft.
„Es wäre auch gut, wenn die Union endlich den Weg frei machen würde, um mit dem KRITIS-Dachgesetz den physischen Schutz der kritischen Infrastruktur zu verbessern. Dazu sind wir nach EU-Recht verpflichtet und die Wirtschaft erwartet das auch von uns. Das Bundesinnenministerium hat dem Bundestag einen guten Vorschlag vorgelegt, der auch für die Wirtschaft finanzierbar ist. Es gibt einige kostengünstige technologische Lösungen, mit denen wir den Schutz der Energie- und Wasserversorgung, der Schienen, Flughäfen und so weiter schnell und einfach verbessern können. Die CDU sollte das noch vor dem Bundestagswahl ermöglichen statt das zu blockieren“, sagte Ingo Schäfer.
Ingo Schäfer hat als verantwortlicher SPD-Politiker dafür gesorgt, dass Extremisten schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden können. Die Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis kann zukünftig per Disziplinarverfügung durch die zuständige Behörde erfolgen. Der Beamte kann zudem nach Erlass der Verfügung unter Einbehaltung von Teilen der Dienstbezüge vorläufig aus dem Dienst entfernt werden. Auch führt die wegen Volksverhetzung erfolgte rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ab sechs Monaten zu einer Beendigung des Beamtenverhältnisses, ohne dass es eines Disziplinarverfahrens bedarf.
Außerdem war der Bergische Abgeordnete für die nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr zuständig.
„Seit dem Ende des Kalten Krieges sind viele Fähigkeiten abgebaut worden, angefangen bei den Sirenen. Seitdem wir jedes Jahr drei bis fünf Jahrhunderthochwasser haben und der Krieg in Europa auch schon drei Jahren andauert, haben wir festgestellt, dass wir die Mängel beim Bevölkerungs- und Zivilschutz dringend beheben müssen“, sagte Ingo Schäfer. Das sei eine große Herausforderung. Erstens, weil das Geld fehle, um die Defizite von 30 Jahren innerhalb kurzer Zeit zu beheben. Zweitens, weil Bund und Länder dabei zusammen arbeiten müssen. „Leider ist es auch bei diesem Thema wie in der Bildungspolitik: Viel zu oft zeigen Bund und Länder mit dem Finger gegenseitig aufeinander. Es fehlt an Zusammenarbeit. Manche Länder wollen, andere nicht. Das muss sich ändern“, so Schäfer. „Für den Bevölkerungs- und Zivilschutz brauchen wir in den kommenden zehn Jahren mindestens zehn Milliarden Euro zusätzliche Investitionen. „Das wären dann immer noch nur zehn Prozent des Sondervermögens der Bundeswehr.“ Damit müsste das Warnsystem weiter ausgebaut, mehr in Erste-Hilfe und Pflegehilfskräfte investiert und die fehlenden Katastrophenschutzfahrzeuge des Bundes beschafft werden. Außerdem stehe ein der Aufbau eines leistungsfähigen Breitbandfunks für die Sicherheitsbehörden bis zum Jahr 2030 an.
Der Bund habe den Haushalt für den Bevölkerungsschutz seit 2019 um rund 55 Prozent auf etwa 660 Millionen Euro in 2025 erhöht. „Aber das reicht nicht aus“, ist Ingo Schäfer überzeugt. „Die mehr als 5.000 Katastrophenschutzfahrzeuge sind mittlerweile im Durchschnitt 15 Jahre alt. Nach 20 müssen sie ersetzt werden. Das ist ein Rieseninvestitionsstau, der auch von der Industrie bewältigt werden muss. Voraussetzung dafür ist eine langfristige Finanzierung. Außerdem ist es sinnvoller und kostengünstiger, wenn Bund und Länder ihre Fahrzeuge gemeinsam beschaffen. Es ist doch Quatsch, dass jedes Bundesland und der Bund separate Verträge mit den wenigen Herstellern schließen.“
Die Veranstaltung verdeutlichte, dass es sowohl bei der polizeilichen als auch bei der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr noch viel zu tun gibt.