Sind Zurückweisungen an der Grenze möglich?

Nach dem tragischen Terrorangriff in Solingen am 23. August 2024 wird intensiv über das Asylrecht und die Verfahren der Europäischen Union diskutiert. Konservative Politiker vermitteln dabei den Eindruck, es gebe schnelle und einfache Lösungen. Wer sich an die Debatte über die Grundgesetz-Änderung Anfang der 1990er Jahre erinnert, der weiß, dass es weder schnelle noch einfache Lösungen für das Thema Asyl und Flüchtlingsschutz gibt.

Auf dieser Seite will ich möglichst kurz etwas zum rechtlichen Hintergrund sagen. Was sind die rechtlichen Grundlagen? Was können wir als Staat unternehmen? Was wird bereits unternommen?

In Artikel 16a des Grundgesetzes ist festgeschrieben, dass politisch Verfolgte in Deutschland ein Asylrecht haben. Damit wird unser Land seiner humanitären und historischen Verantwortung, Schutzbedürftigen Schutz zu gewährleisten, gerecht.

Wenn jemand an einer deutschen Grenze Asyl beantragt, muss der Antrag bearbeitet werden, solange die Person die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Asyl wird gewehrt, wenn die Person zum Beispiel aufgrund ihrer politischen Überzeugung, Religion oder Nationalität politisch verfolgt wird und im Falle einer Rückkehr in das Heimatland schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein würde. Außerdem dürfen keine Ausschlussgründe, wie Kriegsverbrechen oder Straftaten vorliegen.

Anders als häufig angenommen, erhalten aber nur die wenigsten der Antragstellenden auch Asyl; von Januar bis August 2024 waren es nur 0,6 Prozent, also rund 1.300 Menschen. Die Mehrzahl der Anträge wird entweder abgelehnt, oder die Personen erhalten Flüchtlingsschutz nach den Regelungen der Genfer Flüchtlingskonvention oder subsidiären Schutz, weil ihnen in ihrem Herkunftsland zum Beispiel Folter oder die Todesstrafe droht.

Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist ein völkerrechtliches Abkommen, das nach dem zweiten Weltkrieg in Kraft getreten ist und bis heute die Grundlage für das internationale Flüchtlingsrecht bildet. Die GFK definiert, wer ein Flüchtling ist und welche rechtlichen Schutzgarantien die unterzeichnenden Staaten, mittlerweile 145, erfüllen müssen. Auch die EU hat sich innerhalb seiner Charta der Grundrechte dazu verpflichtet, Schutzbedürftigen zu helfen. Schutz im Sinne einer Aufenthaltsgenehmigung wird in Deutschland immer nur auf Zeit, meistens zwei Jahre, erteilt.

Wir halten fest: Wir haben uns verpflichtet, die Genfer Flüchtlingskonvention einzuhalten. Das bedeutet, dass wir Menschen, die an unserer Grenze Schutz suchen, Schutz gewähren müssen. Wir dürfen nicht jede Person an der Grenze einfach zurückweisen! Ausnahmsweise ja, generell nein. Das wissen auch CDU und CSU, auch wenn sie etwas anderes behaupten.

Straftäter und Personen, die kein Recht auf Schutz haben, werden schon heute an der Grenze zurückgewiesen und abgeschoben. Seit Oktober 2023 wurden an der deutschen Grenze knapp 30.000 Menschen zurückgewiesen.

Aber: Das internationale Recht und unsere Menschlichkeit verbieten uns pauschale Zurückweisungen an der Grenze!

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